Die ungenehmigte Überlassung von Wohnraum an Medizintouristen kann ein erhebliches Bußgeld nach sich ziehen. Das Amtsgericht (AG) München hat einen 39-Jährigen Münchner Unternehmer im schriftlichen Verfahren wegen ungenehmigter Zweckentfremdung von Wohnraum zu einer Geldbuße von 33.000 Euro verurteilt.
Gegen den Verurteilten hatte die Landeshauptstadt München einen Bußgeldbescheid über 50.000 Euro erlassen, gegen den er fristgerecht Einspruch erhoben hat. Da er ebenso wie die Staatsanwaltschaft einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt hatte, erging gegen ihn die Entscheidung nicht aufgrund mündlicher Hauptverhandlung sondern aufgrund der dem Gericht vorgelegten schriftlichen Unterlagen aller Beteiligten. Ende 2012 mietete der Verurteilte eine 104 Quadratmeter große 3,5-Zimmer-Wohnung in München für 1.980 Euro monatlich an. Eine nicht gewerbliche Untervermietung wurde ihm im Mietvertrag ausdrücklich gestattet. Gegen eine städtische Nutzungsuntersagungsverfügung vom 18.11.2014 erhob der Verurteilte Klage zum Verwaltungsgericht, mit der er auch vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 29.7.2017 unterlag. Nach längerem Hin und Her hatte sich der Verurteilte Anfang 2017 mit seinem Vermieter geeinigt, den Mietvertrag einvernehmlich aufzuheben und die Wohnung zurückzugeben.
Der Verurteilte vermietete die fragliche Wohnung durchweg möbliert an Personen, die sich vor allem zur eigenen medizinischen Behandlung oder zu der ihrer Angehörigen vorübergehend in München aufhielten. Nachbarn beobachteten bis zu sieben Einzüge jährlich. Bei Kontrollen durch die Stadtverwaltung, zuletzt am 09.10.2015, wurden jeweils Untermieter angetroffen, die erklärten, für einige Wochen oder Monate zu Behandlungszwecken in München zu sein. Lediglich bei der letzten Kontrolle am 30.10.2015 wurde jemand angetroffen, der angab, gegen Zahlung von monatlich 3.000 Euro einen unbefristeten Untermietvertrag geschlossen zu haben. Im November 2015 erließ die Landeshauptstadt München den hier angefochtenen Bußgeldbescheid über 50.000 Euro Bußgeld wegen ungenehmigter Zweckentfremdung der Wohnung von Ende 2012 bis Oktober 2015.
Eine Genehmigung der Untervermietungen war seitens der Kommune nie erteilt worden.
Die zuständige Strafrichterin am AG München hielt die Tat erst ab 01.01.2014 für ahndbar und deswegen die Verhängung einer Geldbuße von 33.000 Euro als geboten.
Erst in der Neufassung der entsprechenden städtischen Satzung ab 01.01.2014 sei ausdrücklich eine nicht nur vorübergehende gewerblich oder gewerblich veranlasste Nutzung von Wohnraum eben für Zwecke der Fremdenbeherbergung als genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung aufgenommen worden. Ein Fall der schon zuvor verbotenen gewerblichen Nutzung von Wohnraum habe nicht vorgelegen. Die Wohnung sei durch die Untermieter ja tatsächlich für Wohnzwecke – und eben nicht gewerblich genutzt worden. Angesichts des verfassungsrechtlichen Schutzes des Eigentums verbiete sich eine weite Auslegung der vorangegangenen sonstigen allgemein formulierten Untersagungsregelungen.
Das Nutzungskonzept des Betroffenen sei vorliegend darauf ausgerichtet gewesen, seinen Untermietern eine flexible, vorübergehende Unterkunft zu bieten, nicht aber eine Wohnung als Grundlage für eine „auf Dauer“ angelegte Häuslichkeit zur Verfügung zu stellen, so die Strafrichterin. Eine solche liege bei einer Nutzung durch regelmäßig wechselnde Personen, die sich lediglich aus Anlass einer medizinischen Behandlung in den besagten Räumen aufhalten und ihren Lebensmittelpunkt nicht durch Aufgabe ihres angestammten Wohnsitzes an den Beherbergungsort verlagern, regelmäßig nicht vor.
Dabei sei zugunsten des Betroffenen zu berücksichtigen, dass er bislang nicht einschlägig vorgeahndet ist und den Sachverhalt im Wesentlichen eingeräumt hat. Zu seinen Lasten gehe jedoch, dass die Zweckentfremdung sich über einen langen Zeitraum erstreckte und der Betroffene sich in seinem Nutzungskonzept auch trotz des laufenden Verwaltungs- und Bußgeldverfahrens und der dort ergangenen Entscheidungen nicht beirren ließ. Darüber hinaus sei zulasten des Betroffenen zu sehen, dass es sich um eine große – familientaugliche – Wohnung handelte, die dem regulären Wohnungsmarkt entzogen worden sei. Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in München bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse am Erhalt von Wohnungen zu Wohnzwecken, sodass die Geldbuße auch einem Nachahmungseffekt entgegenwirken und abschrecken solle.
Amtsgericht München, Beschluss vom 28.09.2017, 1119 OWi 258 Js 199344/16, rechtskräftig