Verlorene Zahnprothese: Klinik muss Erben des Trägers nicht entschädigen

Ist dem unter erheblichen kognitiven Einschränkungen leidenden Erblasser vor seinem Tod bei einem Aufenthalt in einer Klinik seine Zahnprothese verloren gegangen, so haben die Erben später keinen Anspruch gegen die Klinik auf Ersatz des Wertes der Prothese. Das LG Osnabrück weist darauf hin, dass der Verlust der Prothese den persönlichen, nicht in Geld messbaren Bereich betreffe und kein Ersatzanspruch auf fiktiver Grundlage – ohne Neuanfertigung einer Prothese – gegeben sei.

Der Vater der Klägerin befand sich im Sommer 2017 in stationärer Behandlung in einer Klinik, deren Trägerin die Beklagte ist. Im Laufe des stationären Aufenthalts verschwand die Zahnprothese des Vaters und konnte nicht mehr aufgefunden werden. Eine Verständigung mit dem Vater war wegen seiner erheblichen kognitiven Einschränkungen nur sehr eingeschränkt möglich. Nach dem Tod des Vaters verlangt die Klägerin für die Erbengemeinschaft Wertersatz in Höhe von rund 6.055 Euro für die verlorene Prothese. Sie meint, die Beklagte müsse den Schaden ersetzen, der durch den Verlust der Prothese entstanden sei. Diese habe eine ihr obliegende Obhutspflicht verletzt, jedenfalls sei ein Organisationsmangel gegeben. Weil die Prothese bereits in Gebrauch gewesen sei, verlangte die Klägerin nicht die ursprünglichen Herstellungskosten in Höhe von rund 9.000 Euro, sondern nach so genanntem Abzug „neu für alt“ lediglich rund 6.000 Euro.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Der Verlust einer Zahnprothese wirke in erster Linie auf nicht materieller Ebene. Die Beeinträchtigung treffe den persönlichen, nicht in Geld messbaren Bereich. Die Zahnprothese diene wesentlich der Herstellung körperlicher Fähigkeiten wie der Nahrungsaufnahme und dem unbeeinträchtigten Sprechen. Es gehe daher im Ergebnis um eine Kompensation für die fortdauernde Beeinträchtigung der Persönlichkeit. Ein solcher Anspruch sei zweckgebunden und bestehe nur für den Fall einer tatsächlichen Neuanfertigung einer Prothese. Auch ein bei einem Unfall Verletzter könne nur dann Heilbehandlungskosten verlangen, wenn er sich tatsächlich behandeln lasse, nicht aber, wenn er eine Behandlung ablehne und nur „fiktiv“ solche Kosten geltend mache. Aus diesem Grund sei auch der Erbengemeinschaft ein Ersatzanspruch auf fiktiver Grundlage – ohne Neuanfertigung einer Prothese – verwehrt.

LG Osnabrück, Urteil vom 10.12.2018, 7 O 1610/18, nicht rechtskräftig