Ohne Zustimmung der Miteigentümer vergrößerte Terrasse muss zurückgebaut werden

Eine ohne die erforderliche Zustimmung der Miteigentümer vergrößerte Terrassenpflasterung muss wieder entfernt werden. Dies hat das Amtsgericht (AG) München entschieden und ein Ehepaar dazu verurteilt, die Steinterrasse ihrer Wohnung in München auf das sich aus dem Grundrissplan ergebende Ausmaß von 5,93 Quadratmetern zurückzubauen.

Das beklagte Ehepaar ist als Eigentümer einer Erdgeschosswohnung Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnung verfügt über eine Terrasse, an der den Beklagten ein Sondernutzungsrecht zusteht. Die Terrassengröße beträgt nach dem Grundrissplan 5,53 Quadratmeter. Die Beklagten verdoppelten im Frühjahr 2015 die Terrassengröße auf zwölf Quadratmeter. In der Eigentümerversammlung vom 06.06.2016 wurde mehrheitlich beschlossen, im Namen der Gemeinschaft den Rückbau zu verlangen. Der Rückbauaufforderung der Verwaltung kamen die Beklagten nicht nach.

Die Klagepartei meint, dass es sich bei der Terrassenvergrößerung um eine bauliche Veränderung handele, von der eine optische Beeinträchtigung ausgehe. Die Terrasse sei aus jedem Fenster der darüber liegenden Stockwerkswohnungen zu sehen. Außerdem sei eine extensivere Nutzung und damit auch eine höhere Beeinträchtigung der Miteigentümer durch Lärm, Grillen oder Ähnliches zu erwarten. Das Sondernutzungsrecht bedinge keinen Anspruch auf Vergrößerung der bauseits vorhandenen Terrasse. Selbst wenn andere, ebenfalls ungenehmigte bauliche Veränderungen in der Anlage vorhanden wären, führe dies nicht zur Zulässigkeit der streitgegenständlichen Terrassenvergrößerung.

Die beklagte Partei meint, dass kein Rückbauanspruch bestehe. Die Terrasse sei nicht einsehbar. Es sei deswegen auch nicht zu erkennen, wodurch die Miteigentümer gestört werden sollten. Auch andere Miteigentümer hätten bauliche Maßnahmen, wie Anbauten zum Unterstellen von Fahrrädern, zusätzliche Terrassenüberdachungen, Terrassenerweiterungen, Errichtung von Sichtschutz-Vorrichtungen an ihren Terrassen vorgenommen. In der Anlage seien auch zahlreiche Satellitenschüsseln angebracht worden. Die Klägerin sei bislang gegen keine dieser baulichen Maßnahmen vorgegangen.

Das AG München gab der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft Recht. Für die Zulässigkeit der streitgegenständlichen baulichen Veränderung sei die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Die Vergrößerung einer Terrasse ermögliche eine intensivere Nutzung des Gemeinschaftseigentums und könne zu Lärmemissionen führen. Insoweit stelle bereits die Gefahr einer intensiveren Nutzung des Gemeinschaftseigentums, an dem den Beklagten hinsichtlich der Terrassen- und Gartenflächen ein Sondernutzungsrecht zusteht, eine nicht hinzunehmende Beeinträchtigung dar. Darauf, ob eine solche Nutzung derzeit stattfindet oder beabsichtigt ist, komme es nicht an. Weiter liege auch eine optische Beeinträchtigung vor. Ein nicht hinzunehmender optischer Nachteil liege bei Veränderungen vor, die sich objektiv nachteilig auf das äußere Bild der Wohnanlage auswirken. Entscheidend sei, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Bei der Beurteilung sei ein strenger Maßstab anzulegen, um die aus Artikel 14 Grundgesetz geschützten Interessen aller Eigentümer an der Beibehaltung des äußeren Erscheinungsbildes angemessen zu berücksichtigen. Infolgedessen sei eine erhebliche Beeinträchtigung regelmäßig schon dann anzunehmen, wenn eine erhebliche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes vorliegt. Für die Beurteilung des Nachteils sei dabei allein maßgeblich, ob die Veränderung generell von außen her wahrnehmbar ist. Bereits aus dem aussagekräftigen Lichtbild ergebe sich, dass die streitgegenständliche Terrasse jedenfalls von den darüber liegenden Balkonen ohne Weiteres einsehbar sei.

Der Einwand der Beklagten, dass auch weitere Terrassen baulich umgestaltet worden seien, verfängt nach Ansicht des AG München nicht, weil auch im Wohnungseigentumsrecht der Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“ gelte. Ein Wohnungseigentümer könne deshalb nicht verlangen, ebenfalls einen unrechtmäßigen Vorteil zu erhalten, und  die beeinträchtigten Wohnungseigentümer seien nicht verpflichtet, gegen alle Störer gleichmäßig vorzugehen.

Amtsgericht München, Urteil vom 29.08.2018, 485 C 5290/18 WEG, rechtskräftig