Bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nach §§ 74 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Karenzentschädigung ist die Gegenleistung für die Unterlassung von Konkurrenztätigkeit. Erbringt eine Vertragspartei ihre Leistung nicht, kann die andere Vertragspartei vom Wettbewerbsverbot zurücktreten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§§ 323 ff. BGB). Ein solcher Rücktritt entfaltet laut Bundesarbeitsgericht (BAG) Rechtswirkungen erst für die Zeit nach dem Zugang der Erklärung (ex nunc).
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.02.2014 als „Beauftragter technische Leitung“ zu einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt 6.747,20 Euro beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien war für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein dreimonatiges Wettbewerbsverbot vereinbart worden. Hierfür sollte der Kläger eine Karenzentschädigung von 50 Prozent der monatlich zuletzt bezogenen durchschnittlichen Bezüge erhalten. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der Eigenkündigung des Klägers zum 31.01.2016. Mit E-Mail vom 01.03.2016 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 04.03.2016 vergeblich zur Zahlung der Karenzentschädigung für den Monat Februar 2016 auf. Am 08.03.2016 übermittelte der Kläger an die Beklagte eine weitere E-Mail. Hierin heißt es unter anderem: „Bezugnehmend auf Ihre E-Mail vom 01.03.2016 sowie das Telefonat mit Herrn B. möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle.“
Mit seiner Klage macht der Kläger die Zahlung einer Karenzentschädigung in Höhe von 10.120,80 Euro brutto nebst Zinsen für drei Monate geltend. Er meint, sich nicht einseitig vom Wettbewerbsverbot losgesagt zu haben. Die Erklärung in der E-Mail vom 08.03.2016 sei lediglich eine Trotzreaktion gewesen. Die Beklagte meint, durch die E-Mail vom 08.03.2016 habe der Kläger wirksam seinen Rücktritt erklärt. Das Arbeitsgericht hat der Klage vollständig stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil teilweise abgeändert und einen Anspruch auf Karenzentschädigung nur für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 08.03.2016 zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Da es sich beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot um einen gegenseitigen Vertrag handle, fänden die allgemeinen Bestimmungen über den Rücktritt (§§ 323 ff. BGB) Anwendung. Die Karenzentschädigung sei Gegenleistung für die Unterlassung von Konkurrenztätigkeit. Erbringt eine Vertragspartei ihre Leistung nicht, könne die andere Vertragspartei vom Wettbewerbsverbot zurücktreten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Ein Rücktritt wirke dabei ex nunc, das heißt für die Zeit nach dem Zugang der Erklärung entfallen die wechselseitigen Pflichten. Die Beklagte habe die vereinbarte Karenzentschädigung nicht gezahlt, der Kläger sei deshalb zum Rücktritt berechtigt gewesen. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe mit seiner EMail vom 08.03.2016 wirksam den Rücktritt vom Wettbewerbsverbot erklärt, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Damit stehe ihm für die Zeit ab dem 09.03.2016 keine Karenzentschädigung zu.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2018, 10 AZR 392/17