Eltern, die ihr Kind auf dem Weg zur Arbeit in den Kindergarten bringen, sind gesetzlich unfallversichert. Bei Heimarbeit sieht dies jedoch anders aus, worauf das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hinweist. Es kritisiert in diesem Bereich erhebliche Lücken im Unfallversicherungsschutz.
Zugrunde lag der Fall einer Mutter, die für ihren Braunschweiger Arbeitgeber von zu Hause per Teleworking arbeitete. Ende November 2013 erlitt sie einen Unfall, als sie mit dem Fahrrad auf Blitzeis wegrutsche und sich den Ellenbogen brach. Sie war dabei auf dem Rückweg vom Kindergarten ihrer Tochter zum häuslichen Telearbeitsplatz. Die Behandlung kostete circa 19.000 Euro. Die Krankenkasse verauslagte das Geld zunächst und forderte die Berufsgenossenschaft zur Erstattung auf. Diese hielt sich nicht für zuständig, da kein Arbeits- oder Wegeunfall vorliege. Das Bringen der Tochter zum Kindergarten sei kein Weg, um zur Arbeit zu gelangen. Es sei vielmehr ein privater Heimweg. Die Krankenkasse argumentierte, es mache keinen Unterschied, ob man nach dem Kindergarten zum Arbeitgeber oder zum Telearbeitsplatz fahre.
Das LSG hat die Rechtsauffassung der Berufsgenossenschaft bestätigt. Nach der Konzeption des Gesetzes sei schon immer der klassische Arbeitsweg versichert gewesen. Dieser sei 1971 um den Kindergartenumweg erweitert worden. Versicherungsschutz am häuslichen Arbeitsplatz habe jedoch zu keiner Zeit bestanden, da die von der Unfallversicherung abgedeckten typischen Verkehrsgefahren durch Heimarbeit gerade vermieden würden. Liegen Wohnung und Arbeitsstätte in demselben Gebäude, sei begrifflich ein Wegeunfall ausgeschlossen. Der Weg zum Kindergarten sei damit privat.
Ob angesichts zunehmender Verlagerung von Bürotätigkeiten der Versicherungsschutz auch auf Wege zum Heimarbeitsplatz zu erweitern sei, könne allein der Gesetzgeber entscheiden. Durch die Gerichte lasse sich mit der Rechtslage von 1971 kein Ergebnis erzielen, das den heutigen Entwicklungen des Berufslebens gerecht werde.
Die Revision zum Bundessozialgericht wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018, L 16 U 26/16