Autobahn A 20 darf zunächst nicht weitergebaut werden

Die Bundesautobahn A 20 darf vorerst nicht weitergebaut werden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat den Planfeststellungsbeschluss des Verkehrsministeriums Schleswig-Holstein für den Neubau der Autobahn im Abschnitt 4 (Autobahnkreuz A 7/A 20 bis B 206 westlich Wittenborn) vom 27.04.2017 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.

Der planfestgestellte Abschnitt gehört zur „Nord-West-Umfahrung Hamburg“, die bei Lübeck an die von Stettin kommende Ostseeautobahn anknüpft und in ihrem Endausbau unter der Elbe hindurch bis nach Niedersachsen verlängert werden soll. Das BVerwG hatte über die Klagen zweier Umweltverbände (BUND und NABU) und zweier privater Kläger zu entscheiden. Es hat auf die Klagen der Naturschutzverbände einzelne Fehler festgestellt, zahlreiche weitere Rügen jedoch zurückgewiesen. Das Verfahren der beiden privaten Kläger wurde ausgesetzt.

Einer der festgestellten Fehler betrifft laut BVerwG das Verbot, den Zustand der von einem Vorhaben betroffenen Oberflächen- und Grundwasserkörper zu verschlechtern. Der Beklagte habe hierzu zwar schon in den Jahren 2015/16 einen wasserrechtlichen Fachbeitrag erstellen lassen, der auch öffentlich ausgelegt worden war. Dieser Fachbeitrag sei aber in Systematik und Prüfungstiefe erheblich hinter den rechtlichen Anforderungen zurückgeblieben. Wesentliche neue Untersuchungen, insbesondere zur Chlorid-Belastung der Oberflächenwasserkörper durch Tausalzeinträge, seien erst während des gerichtlichen Verfahrens vorgelegt worden. Weitere Fragen habe diesbezüglich eine Umplanung der Regenrückhaltebecken und der ihnen vorgeschalteten Absetzbecken aufgeworfen, die erst in der mündlichen Verhandlung des Gerichts zu Protokoll erklärt worden ist. Die damit zusammenhängenden Ermittlungen und Bewertungen seien nicht Aufgabe des Gerichtsverfahrens, sondern vielmehr eines ergänzenden Verwaltungsverfahrens, das der Beklagte noch durchzuführen haben werde.

Weitere Mängel beziehen sich nach Abgaben des BVerwG auf das Naturschutzrecht. Nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf das europaweit bedeutsame Fledermaus-Habitat „Segeberger Kalkberghöhlen“ mit rund 30.000 überwinternden Tieren seien nicht von vornherein auszuschließen und hätten deshalb einer FFH-Verträglichkeitsprüfung bedurft, die aber unterblieben ist. Im Hinblick auf den Artenschutz für die durch das europäische Recht besonders geschützten Fledermausarten bestünden entsprechende Defizite. Ferner hätte einem bereits im Verwaltungsverfahren geäußerten Hinweis auf weitere vorhabennahe Brutplätze einer geschützten Eulenart (Schleiereule) näher nachgegangen werden müssen.

Die festgestellten Fehler berührten nicht die Grundlagen der Planfeststellung, die im Übrigen unbeanstandet geblieben ist. Sie rechtfertigten daher nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern nur die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Diese gilt laut BVerwG bis zum Abschluss eines ergänzenden Verwaltungsverfahrens.

Der Rechtsstreit der beiden privaten Kläger sei mit Rücksicht auf eine dem Europäischen Gerichtshof schon in einem anderen Verfahren gestellte, aber noch nicht beantwortete Vorlagefrage auszusetzen gewesen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018, BVerwG 9 A 16.16). Bei dieser Vorlage gehe es um Klagerechte der von einem Vorhaben betroffenen Öffentlichkeit im Hinblick auf das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.11.2018, BVerwG 9 A 8.17 und Beschluss vom 27.11.2018, BVerwG 9 A 10.17