Kinderbetreuung: Eltern haben nicht immer Wahlrecht zwischen Krippe und Tagespflegeeinrichtung

Eltern haben kein Wahlrecht zwischen einem Betreuungsplatz in einer Krippe und einer Tagespflegeeinrichtung (Tagesmutter/Großtagespflege), wenn kein freier Betreuungsplatz in einer Krippe zur Verfügung steht. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück entschieden und den Eilantrag eines einjährigen Jungen gegen die Stadt Osnabrück auf Zuweisung eines Krippenplatzes abgelehnt.

Mit seinem Eilantrag wollte der Antragsteller erreichen, die Stadt im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm einen Krippenplatz, hilfsweise eine Tagesmutter, mit Ganztageskonzept, einem altersgerechten Ernährungskonzept und Schlafmöglichkeit in einer Entfernung von höchstens vier Kilometern von seinem Wohnort zuzuweisen.

Das Gericht lehnte den Antrag ab. Zwar habe der Antragsteller mit Vollendung des ersten Lebensjahres grundsätzlich einen Anspruch auf den Nachweis eines im jeweiligen Einzelfall dem Bedarf entsprechenden Betreuungsplatzes in zumutbarer Nähe zu seinem Wohnort. Diesen Anspruch habe die Antragsgegnerin jedoch bereits erfüllt, indem sie dem Antragsteller Ende Mai 2019 einen Platz in einer Großtagespflege nachgewiesen habe. Der Antragsteller beziehungsweise seine Eltern hätten dann kein Wahlrecht zwischen einem Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte („Krippe“) und einer Tagespflegeeinrichtung („Tagesmutter/Großtagespflege“), wenn – wie hier – kein freier Betreuungsplatz in einer Krippe zur Verfügung stehe.

Der hier nachgewiesene Großtagespflegeplatz erfülle auch die individuellen Anforderungen in Bezug auf die Betreuungsdauer und die räumliche Nähe, so das VG. Die Kinder könnten von 8 bis 16  Uhr betreut werden und die Einrichtung liege in 3,9 Kilometer Entfernung zum Wohnhaus des Antragstellers, sodass man sie in 16 Minuten Fahrzeit erreichen könne. Die Einrichtung liege zudem „auf dem Weg“ zu den Arbeitsstätten beider Eltern. Außerdem versorge die Großtagespflege die Kinder ausweislich ihres Konzeptes mit Mittagessen und stelle gesonderte Schlafmöglichkeiten zur Verfügung.

Auf den Einwand der Vertreter des Antragstellers, ihr Kind sei dort das einzige Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit, komme es nicht an. Das Gesetz sehe weder einen bestimmten Einrichtungscharakter noch eine bestimmte Zusammensetzung der Kinder in der Tageseinrichtung oder Kindertagespflege vor. Im Übrigen sei der Einwand auch unzutreffend, da nach Angaben der Antragsgegnerin jedenfalls fünf dort betreute Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit hätten.

Der Rechtsanspruch des Antragstellers sei aber noch aus einem weiteren Grund bereits erfüllt worden. Die Antragsgegnerin habe ihm bereits Mitte Mai auch einen Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter in einer Entfernung von 5,5 Kilometer zu seinem Wohnort wirksam angeboten. Dort könne der Antragsteller ebenso von 8 bis 16 Uhr betreut werden. Die Entfernung sei hier zumutbar, weil beide Elternteile auch von dort aus ihren jeweiligen Arbeitsplatz noch in zumutbarer Fahrtdauer erreichen könnten. Dass dieser Platz dem Antragsteller „nur“ telefonisch angeboten worden sei, sei unerheblich. Auch der telefonische Nachweis eines Betreuungsplatzes sei wirksam. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin nach der sofortigen Zurückweisung dieses Angebots durch die Eltern noch weitergesucht habe, stelle nach Ansicht der Kammer eine „Serviceleistung“ dar, zeige jedoch nicht die Ungeeignetheit des zuerst angebotenen Tagesmutterplatzes.

Der Beschluss (4 B 30/19) ist noch nicht rechtskräftig und kann vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angefochten werden.

Verwaltungsgericht Osnabrück, PM vom 24.06.2019