Die aufgrund der Günstigerprüfung erfassten Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) sind bei der Berechnung der Schwelleneinkünfte von 500.000 Euro (§§ 193 Absatz 1, 147a Satz 1 Abgabenordnung – AO) zu berücksichtigen. Dies hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein entschieden.
Der Antragsteller wandte sich im Eilverfahren gegen Prüfungsanordnungen gemäß §§ 193 Absatz 1, 147a AO. In der Einkommensteuererklärung 2011 erklärte er Einkünfte aus Kapitalvermögen von 1.099.306 Euro als dem inländischen Steuerabzug unterliegend und von 84.237 Euro als nicht dem inländischen Steuerabzug unterliegend.
Darin enthalten waren Gewinne aus Kapitalerträgen im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG in Höhe von 679.694 Euro. Der Antragsteller stell- te in der Steuererklärung einen Antrag auf Günstigerprüfung für die Kapitalerträge nach § 32d Absatz 6 EStG. Er beantragte die Verrech- nung von Verlusten gemäß § 23 EStG nach der bis zum 31.12.2008 geltenden Rechtslage. Außerdem erklärte er Einnahmen aus Renten von 22.255 Euro und privaten Veräußerungsgeschäften von 4.559 Euro. Im zuletzt geänderten Einkommensteuerbescheid für 2011 erfolgte antragsgemäß bei den Einkünften gemäß § 20 EStG die Verrechnung mit Verlustvorträgen aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 679.694 Euro und bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG die Verrechnung mit Verlustvorträgen in Höhe von 4.559 Euro. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer auf null Euro fest. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuerte es auf- grund des Antrags auf Günstigerprüfung mit der tari ichen Besteuerung gemäß § 32a EStG.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde abgewiesen. Nach summarischer Prüfung konnte das Finanzamt die Prüfungsanordnungen gemäß § 193 Absatz 1 AO erlassen. Sie seien rechtmäßig, Ermes- sensfehler seien nicht ersichtlich, so das FG. Eine Außenprüfung sei bei Steuerp ichtigen, die Überschusseinkünfte gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 4 bis 7 EStG von mehr als 500.000 Euro im Kalenderjahr erzielen, zuläs- sig. Die Höhe der Überschusseinkünfte ermittle sich nach ertragsteu- erlichen Grundsätzen. Eine Saldierung mit negativen Einkünften findet nicht statt. Verlustvor- oder -rückträge aus anderen Jahren seien nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung der Einkünfte blieben Kapitaler- träge, die der Abgeltungssteuer gemäß §§ 32d Absatz 1, 43 Absatz 5 EStG unterlegen hätten, außer Ansatz. Der Wortlaut der Bestimmung spreche sogar dafür, auch die Kapitalerträge, die der Abgeltungssteuer unterlegen haben, zu erfassen.
Die nach § 147a Satz 1 AO maßgebenden positiven Einkünfte gemäß § 2 Absatz 2 Nr. 4 bis 7 EStG betrügen danach im Kalenderjahr 2011 insgesamt 1.202.723 Euro, und zwar im Einzelnen Einkünfte aus Ka- pitalvermögen von 1.185.237 Euro (1.186.038 Euro – Sparerfreibetrag 801 Euro), steuerp ichtige Anteile der Renten von 12.927 Euro und Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften von 4.559 Euro. Bei der Ermittlung der Einkünfte seien die Kapitalerträge, die aufgrund der Günstigerprüfung nicht der Abgeltungssteuer gemäß § 32d Absatz 1, 43 Absatz 5 EStG unterlägen, zu berücksichtigen. Der Wortlaut des § 147a Satz 1 AO spreche dafür.
Im Streitfall wurden die Kapitalerträge im Einkommensteuerbescheid für 2011 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und damit bei den Überschusseinkünften nach § 2 Absatz 1 Nr. 5 EStG erfasst. Danach komme es nicht darauf an, so das FG, ob es sich überwiegend um inländische Einkünfte gehandelt habe und damit ursprünglich die Ab- geltungssteuer einbehalten worden sei. Unstreitig seien die Kapitalein- künfte aufgrund der Günstigerprüfung als Überschusseinkünfte nach § 2 Absatz 1 Nr. 5 EStG berücksichtigt und nach dem Tarif gemäß § 32a EStG besteuert worden. Der Antragsteller könne sich nicht auf den Anwendungserlass zur AO vom 31.01.2014 (BStBl. I 2014, 290) berufen, da dieser nur für den Fall der Anwendung des § 32d Absatz 1 EStG gelte (vgl. Bundes nanzhof, Urteil vom 15.06.2016, III R 8/15). Für die Finanzverwaltung bestehe folglich nur insoweit eine Bindung.
Ob diese Ausnahme sachgerecht ist, könne dahinstehen, da sich der Antragsteller darauf nicht berufen könne. Im Übrigen werde in der Li- teratur teilweise vertreten, dass auch die der Abgeltung nach § 32d EStG unterliegenden Einkünfte bei der Berechnung des Schwellenwer- tes zu berücksichtigen seien. Des Weiteren liege ein anderer Sachver- halt vor, da die einbehaltene Kapitalertragsteuer erstattet worden und damit gerade keine Abgeltung der betroffenen Einkünfte erfolgt sei. Das sei ein sachlich rechtfertigender Grund.
Gegen den Beschluss wurde Beschwerde beim BFH eingelegt. Dort ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen VIII B 67/17 anhängig.
FG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.05.2017, 2 V 22/17, nicht rkr