Betriebsrente wegen Erwerbsminderung auf Antrag rückwirkend zu gewähren

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat entschieden, dass eine Betriebsrente wegen Erwerbsminderung rückwirkend zu gewähren ist. Eine entgegenstehende Bestimmung in den  Allgemeinen Versicherungsbedingen (AVB) einer Pensionskasse, die eine Antragstellung unter Vorlage von Nachweisen verlangt und zugleich die Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung gewährt, sei unwirksam.

Der am 21.11.1957 geborene Kläger war vom 02.03.1973 bis zum 30.09.2005 bei einer Firma, der Beklagten zu 2, beschäftigt. Mit seinem Ausscheiden hatte er eine Anwartschaft auf Betriebsrente gegenüber der Pensionskasse der Beklagten zu 2 und gegenüber der Beklagten zu 2 selbst erworben. Auf seinen Antrag und nachfolgenden Widerspruch bewilligte die Deutsche Rentenversicherung ihm mit Bescheid vom 03.11.2015 rückwirkend zum 01.02.2013 eine gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Am 23.11.2015 beantragte der Kläger bei der Pensionskasse und der Firma Betriebsrente. Diese wurden ihm ab dem 01.11.2015 mit 540,80 Euro brutto monatlich (Pensionskassenrente) und 119,32 Euro brutto monatlich (Firmenleistung) bewilligt. Eine rückwirkende Leistung lehnten die Beklagten ab.

Auf seine Klage hin hat das LAG Düsseldorf dem Kläger rückwirkend für die Zeit vom 01.02.2013 bis zum 31.10.2015 insgesamt 21.783,96 Euro brutto an Betriebsrente (33 x 540,80 + 33 x 119,32) zugesprochen. Grundsätzlich sei es zwar zulässig, bei vorzeitig ausgeschiedenen Mitarbeitern für die Gewährung der Betriebsrente ein Antragserfordernis vorzusehen. Die Regelungen in § 5 Nrn. 3 und 4 Satz 2 zweiter Spiegelstrich AVB, wonach bei der Antragstellung Nachweise vorzulegen sind und zugleich die Betriebsrente erst ab dem Monat der Antragstellung gezahlt werde, benachteiligen die Arbeitnehmer indes unangemessen (§ 307 Absatz 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB).

Die Formulierung des § 5 Nr. 3 AVB als Mussvorschrift schließe eine Antragstellung ohne Nachweise aus. Dies sei unangemessen. So bestehe selbst dann kein Anspruch auf Betriebsrente wegen Erwerbsminderung, wenn der Rentenversicherungsträger und/oder ein Amtsbeziehungsweise Werksarzt zunächst zu Unrecht das Vorliegen einer Erwerbsminderung verneint hätten. Der Beginn der Bezugsberechtigung werde damit davon abhängig gemacht, wie zügig und sorgfältig ein Sachbearbeiter bei der Rentenversicherung beziehungsweise ein Amts- oder Werksarzt im konkreten Fall arbeitet.

Diesem Nachteil stünden keine schützenswerten Interessen der Pensionskasse entgegen. Zwar habe diese ein berechtigtes Interesse daran, nur bei nachgewiesener Erwerbsminderung Leistungen zu erbringen. Ausreichend sei es aber, ein Antragserfordernis vorzusehen, ohne dies zugleich mit der Vorlage von Nachweisen zu verbinden. Ab dem Zeitpunkt des einfachen Antrags könnten Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden. Aufgrund der unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB seien § 5 Nrn. 3 und 4 Satz 2 zweiter Spiegelstrich AVB – jedenfalls bezogen auf die Erwerbsminderungsrente – unwirksam. Der Kläger konnte laut LAG die Betriebsrente rückwirkend verlangen. Für die Firmenleistung habe nichts anderes gegolten.

Das LAG hat die Revision zugelassen.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.12.2017, 6 Sa 983/16