Geplante Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen: WPK, BStBK und BRAK erneuern ihre Bedenken

Die Wirtschaftsprüferkammer (WPK), die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) und die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) sehen die geplante Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen („DAC VI“) kritisch. Ihre Bedenken äußern sie mit Schreiben vom 06.02.2018 gegenüber dem Bundesfinanzministerium.

Hintergrund: Die EU-Kommission beabsichtigt, die so genannten Intermediäre – also im Wesentlichen die Angehörigen der wirtschaftsprüfenden und steuerberatenden Berufe – von der Umsetzung und die Steuerzahler von der Nutzung bestimmter, legaler Steuergestaltungsmodelle abzuschrecken. Zu diesem Zweck sollen die Intermediäre verpflichtet werden, Informationen über die offenzulegenden Modelle an die zuständigen Steuerbehörden zu melden. Der Richtlinienvorschlag soll im März 2018 im Rat der Europäischen Union beschlossen werden. Nach derzeitigem Verhandlungsstand hat der Rat mehrere Kompromisslinien zu dem Richtlinienvorschlag erarbeitet.

WPK, BStBK und BRAK bringen hierzu noch einmal ihre erheblichen Bedenken zum Ausdruck. Die Kammern sehen vor allem das in dem Richtlinienvorschlag genannte Ziel der Abschreckung kritisch. Nach ihrem Verständnis bezieht sich die Meldepflicht ausschließlich auf legale Gestaltungen. Dies passe nicht in das bestehende System, in dem grundsätzlich alles erlaubt ist, was nicht explizit verboten ist. Mit einer auf Abschreckung ausgelegten Anzeigepflicht werde der Weg in Richtung auf ein System eingeschlagen, in dem tendenziell alles verboten ist, was nicht explizit erlaubt wird, geben WPK, BStBK und BRAK zu bedenken.

Die in dem Richtlinienvorschlag vorgesehene Meldepflicht kollidiert nach ihrer Auffassung zudem mit der Verschwiegenheitsverpflichtung, der Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte nach § 203 StGB sowie nach den jeweiligen berufsrechtlichen Vorschriften unterliegen.

Die Möglichkeit, die Meldepflicht auf den Mandanten zu übertragen, bestehe nach der deutschen Sprachfassung des Richtlinienvorschlags derzeit nur für die „Angehörigen von Rechtsberufen“. Hier sollte nach Ansicht der Kammern klargestellt werden, dass nicht die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Beruf, sondern das Unterliegen unter eine berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht maßgebliches Kriterium für die Befreiungsmöglichkeit ist. Auf diese Weise würde die Ungleichbehandlung von Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten vermieden.

Kritik üben die Kammern auch an der derzeitigen Ausgestaltung der Kennzeichen (so genannte Hallmarks), die zu einer beinahe unbegrenzten Anzahl meldepflichtiger Modelle führe. Im Ergebnis führe dies dazu, dass die Verwaltung mit einer Flut von Meldungen konfrontiert wäre (so genanntes Overreporting). In den Kompromissen des Rates sei vorgesehen, dass Änderungen bereits angezeigter Modelle nicht mehr eine eigene Meldepflicht auslösen sollen, sondern eine bestehende Meldung ergänzt werden soll. Die erhebliche Belastung für die Verwaltung wäre damit nicht beseitigt. Hierzu sei es notwendig, die Kennzeichen im Anhang des Richtlinienvorschlags deutlich und rechtssicher einzugrenzen.

Die von der Kommission vorgesehene Meldefrist von nur fünf Tagen halten WPK, BStBK und BRAK für „erheblich zu kurz“. Der Rat sehe insoweit bereits eine Verlängerung der Frist auf 15 Tage vor. Angesichts der Komplexität der Steuermodelle sei auch dies indes nicht ausreichend. Es sollten wenigstens vier Wochen Zeit bleiben, um die Meldung abzugeben, so die WPK.

Mit der Meldepflicht verbunden werden sollte zudem ein Anspruch des Steuerpflichtigen, eine Auskunft der zuständigen Steuerbehörde über die Zulässigkeit des von ihm genutzten Modells zu erhalten.

WPK, BStBK und BRAK bitten das Bundesfinanzministerium darum, diese Einwände und Vorschläge im Rahmen der weiteren Verhandlungen innerhalb des Rates einzubringen. Dies sei von umso größerer Bedeutung, als es sich hierbei um einen Rechtsakt des Rates allein handelt. Das Parlament werde hierzu lediglich beratend gehört.

Den Vorschlag des Wirtschaftsausschusses des Europäischen Parlaments, im Zusammenhang mit dieser Meldepflicht für die steuerberatenden Berufe eine zusätzliche Meldepflicht explizit für Abschlussprüfer einzuführen, lehnen WPK, BStBK und BRAK ab. Abschlussprüfer sollten demnach verpflichtet werden, Verstöße ihrer Mandanten oder von deren Intermediären gegen die Meldepflicht im Rahmen ihrer Tätigkeit als Abschlussprüfer aufzudecken und ihrerseits anzuzeigen. Aufgabe des Instituts der Abschlussprüfung sei, Mängel in der Rechnungslegung der Unternehmen aufzudecken. Diese seien, auch wegen der Verschwiegenheitspflicht zum Mandanten, mit diesem zu erörtern. Es sei nicht die Aufgabe des Abschlussprüfers, als „Hilfs-Staatsanwalt“ zu ermitteln, ob der Mandant oder dessen Intermediäre etwaige Meldepflichten zu grenzüberschreitenden Steuermodellen nicht eingehalten haben. Damit werde die Abschlussprüfung unverhältnismäßig belastet und das Vertrauensverhältnis Mandant/Abschlussprüfer sowie die Verschwiegenheitspflicht des Abschlussprüfers durchbrochen.

Wirtschaftsprüferkammer, PM vom 07.02.2018